„MMC hat alles, was ein er­folg­rei­cher Lead-Film­pro­du­zent braucht.“

07. Juni 2022 | 9 Min. Lesezeit

Die MMC Studios Köln entwickeln sich vom Studiovermarkter für andere TV-Show-, Kino- und Fernsehfilmproduzenten zum One-Stop-Shop nach klassischem US-Filmstudio-Vorbild. Co-Geschäftsführer Jens Wolf (im Bild links) und Bastie Griese (im Bild rechts), Chef der Filmsparte, über die gerade abgedrehte erste Eigenproduktion „Der Pfau“, die Produktionskompetenz von MMC, das Film-Finanzierungsmodell und den größten Wachstumstreiber.

Herr Wolf, Herr Griese, kürzlich haben Sie die Dreharbeiten zur Kinokomödie „Der Pfau“ abgeschlossen. Sind Sie zufrieden?  
Jens Wolf: Das gesamte MMC-Team ist mehr als happy. Jetzt freuen wir uns so richtig auf die kommenden Lead-Produktionen. Denn mit „Der Pfau“ haben wir erstmals gezeigt, dass wir auch als Lead-Produzent topfit für die Filmzukunft sind.

Sie werden künftig einen Fokus auf Lead-Filmproduktionen legen?
Jens Wolf: Und wie! „Der Pfau“ war der Start in eine neue Wachstumsphase für MMC. Lead-Produktionen von Kino- und TV-Filmen sind die jüngste Weiterentwicklung unserer Unternehmensstrategie, die zudem das prozentual größte Potenzial für profitables Wachstum hat. Das MMC-Stammgeschäft, die Produktion von Primetime-Shows fürs Fernsehen, wächst ebenfalls weiter.

Bleiben wir zunächst noch etwas beim „Pfau“, ehe wir über den Hintergrund Ihrer Lead-Producer-Aktivitäten sprechen. Worum geht’s in dem Film?
Bastie Griese: Um fünf heftig gestresste Bankerinnen und Banker, die sich für ein Teambuilding-Seminar auf einem schottischen Landgut treffen. Und um einen irren Pfau, der bei der Farbe Blau rotsieht. Der Film bringt groteskes Chaos, scharfsinnigen Wortwitz, herrliche Situationskomik und liebevolle Süffisanz auf die Leinwand.

Was brauchen Filme, damit MMC als Lead-Produzent damit Geld verdient?   
Bastie Griese: Grob skizziert und rein auf das Produkt bezogen: zunächst eine mitreißende Story. „Der Pfau“ ist die Verfilmung des gleichnamigen Buch-Bestsellers von Isabel Bogdan. Mitreißend heißt, dass auch hochkarätige Regisseure angefixt sein müssen.

Sie haben den Shootingstar und Grimme-Preis-Gewinner Lutz Heineking, jr. als Regisseur gewonnen.
Bastie Griese: Richtig. Auch er war sofort begeistert von dem Stoff. So einer zieht dann auch ebenso hochkarätige Hauptdarsteller an. Und dann braucht es für den Filmerfolg natürlich perfekte Studios, moderne Studio- und Außendrehtechnik, erfahrene Fachleute, die im Hintergrund an unendlich vielen Details arbeiten, und eine innovative Finanzierungsstrategie. All diese Erfolgskriterien erfüllt MMC.

Welche Hauptdarsteller spielen in „Der Pfau“?
Bastie Griese: Jürgen Vogel, Lavinia Wilson, David Kross, Tom Schilling, Annette Frier, Svenja Jung, Serkan Kaya, Philip Jackson und Victoria Carling. Mit solchen Persönlichkeiten zu wachsen, ist eine Freude.

Sie sprachen gerade auch von einer „innovativen Finanzierungsstrategie“. Wie sieht die bei Ihnen aus?
Jens Wolf: Der langwierigste Part bei Filmproduktionen ist immer die Finanzierung. Diese ist jedoch durch unser Serviceangebot so gut wie gesichert, wenn wir einen Film machen wollen. MMC bietet ein so umfangreiches Leistungsportfolio, dass wir gemeinsam mit internationalen Pre-Sales-Partnern und Filmfördermechanismen Produktionen mit bis zu 25 Millionen Euro Budget sehr gut intern umsetzen können. Das ist ziemlich einzigartig in Deutschland.

„Da wir Lead-Produktionen erst dann starten, wenn die Finanzierung gesichert ist, minimieren wir das Kostenrisiko und optimieren die Einnahmechancen.“

 

Welches Produktionsbudget hatte „Der Pfau“?
Jens Wolf: Circa sechs Millionen Euro. Vielleicht das noch: Grundsätzlich fokussieren wir uns bei Filmproduktionen auf die Einnahmen aus der Wertschöpfungskette, aber auch bereits während der Produktion generieren wir Umsätze. Und da wir Lead-Produktionen erst dann starten, wenn die Finanzierung gesichert ist, minimieren wir das Kostenrisiko und optimieren die Einnahmechancen.

Wie partizipieren Sie an den Einnahmen?
Jens Wolf: Mit den Lead-Produktionen bauen wir eine eigene Filmbibliothek auf, die wir zu einhundert Prozent kontrollieren. Mit den Intellectual-Property-Rechten sichern wir uns langfristige Verwertungserlöse und agieren damit ähnlich den amerikanischen Filmstudios.

Wann sieht man Ihre Strategie in Ihrer Gewinn- und Verlustrechnung?
Jens Wolf: Schon dieses Jahr. Wir planen für 2022 insgesamt mehr als 60 Millionen Euro Umsatz. 2018 waren es noch 42,5 Millionen. Auch der Gewinn steigt dieses Jahr wieder – und die Lead-Produktionen tragen dazu bei.

Sie sprechen von Lead-Produktionen in diesem Jahr. Also von mehreren. Bislang gibt’s nur den „Pfau“, oder?    
Bastie Griese: Stimmt. Und die zweite Eigenproduktion folgt schon in diesem Sommer.

Verraten Sie mehr.
Bastie Griese: Das wird ein Science-Fiction-Zeitreise-Thriller: „Replay“. Ab 2023 wollen wir vier bis fünf nationale und internationale Lead-Produktionen pro Jahr realisieren.

Heißt es, wenn Sie „internationale“ sagen, dass auch US-Schauspieler für Filmdrehs in Ihre Studios nach Köln-Ossendorf kommen?
Bastie Griese: Ja, auch solche. Für „Replay“ kommt sogar ein Hollywood-Star.

Welcher?
Bastie Griese: Den Namen verraten wir erst im Sommer. Kein Geheimnis ist allerdings, dass sich internationale Film- und Regiestars in unseren Studios die Klinken in die Hand geben. Dazu gehörten in den vergangenen Jahren Regisseure wie David Cronenberg, Jim Jarmusch und Ron Howard. Unter den Schauspielgrößen waren Keira Knightley, Tom Hiddleston, Sir Ben Kingsley, Willem Dafoe, Diane Kruger, Anna Kendrick, Joseph Gordon-Levitt und Hilary Swank.

Wie kommen Sie an die heran?
Bastie Griese: Wir haben beste Beziehungen zu Schauspieler-Agenturen in den USA. Zudem haben wir 2021 ein Office in Los Angeles eröffnet. Die Kolleginnen und Kollegen dort lesen und bearbeiten Drehbücher und Projektanfragen aus den USA, pflegen und erweitern unser Netzwerk, kreieren Projekt-Packages und scouten Schauspieler. Office-Chefin Carolin Springborn ist übrigens ein MMC-Eigengewächs. Vor ihrem Umzug nach L.A. gehörte sie unserem Kölner Producer-Team an.

Herr Wolf, Sie und Ihr Kollege Hacik Kölcü leiten die MMC Gruppe seit 2019. Warum vollziehen Sie den Schritt zum Lead-Produzenten erst jetzt, wenn er so vielversprechend ist?
Jens Wolf: Die Vorbereitungen liefen bereits, seit wir die Geschäftsführung übernommen haben. Die Jahre davor waren vor allem davon geprägt, die Studio- und Service-Vermarktung an andere TV-Show- sowie Kino- und Fernsehfilmproduzenten zu optimieren. Vergessen wir nicht, dass dieses Geschäftsfeld bislang unsere mit Abstand bedeutendste Umsatz- und Erlösquelle ist.

Als Co-Produzent war MMC allerdings schon positioniert.
Jens Wolf: Richtig, und auch diese Entwicklung brauchte einige Jahre. Essenziell ist aber ja auch das Team. Wir haben bei MMC Movies ein Team vorgefunden, das mehr wollte, also muss man den Rahmen schaffen, um mehr möglich zu machen. Wenn sich das noch voll mit den wirtschaftlichen Interessen des Gesamtunternehmens deckt, hat man ein „Bingo“.

„Erfolgreiche Filme lassen sich lange auch über Zweit- und Drittlizenzierungen erfolgreich vermarkten.“

 

Was hat MMC coproduziert?
Bastie Griese: Anfangs zum Beispiel den Spielfilm „Die wunderbare Welt der Amelie“, der  übrigens fünf Oscar-Nominierungen erhielt. Er wurde 1999 unter anderem in unseren Studios gedreht, also vor mehr als 20 Jahren. Und dieser Film wird noch weitere Jahre sein Publikum finden. Erfolgreiche Filme lassen sich lange auch über Zweit- und Drittlizenzierungen erfolgreich vermarkten.

Ist es ein Risiko, dass MMC bislang erst kurz Erfahrung als Lead-Produzent hat?
Jens Wolf: Nochmal: Wir haben mehr als 20 Jahre Produzenten-Erfahrung – aufgebaut mit den nationalen und internationalen Co-Produktionen der vergangenen Jahre. Und wir haben einen Bastie Griese als Filmchef, der das Geschäft kennt wie seine Westentasche.

Bastie Griese: MMC ist seit rund 30 Jahren am Markt. Unsere Belegschaft und unser Netzwerk an Lizenznehmern, Finanzierungspartnern, Filmförderinstitutionen, Regisseuren, Schauspielern und „Hintergrundkünstlern“ wie Kulissen- und Szenenbildnern, Requisiteuren, Beleuchtern, Bildbearbeitern et cetera ist einzigartig.

Jens Wolf: Die Risikowahrnehmung in der Öffentlichkeit ist sicherlich ein bisschen von Hollywood geprägt. Von dort schwappen immer wieder mal Schlagzeilen zu uns nach Deutschland herüber, in denen steht, dass ein Film seine Produktionskosten nicht eingespielt hat. Mit unserem Finanzierungskonzept minimieren wir das Risiko.

Was würde passieren, sollte ein MMC-Film weniger gut laufen als erhofft?
Jens Wolf: Schlimmstenfalls ergeben sich nicht die erwarteten Einnahmen durch die kurzfristige Verwertungskette, aber der Wert der Filmbibliothek steigt dennoch mit jedem Film. Das Wichtigste ist, dass wir alles haben, was wir für erfolgreiche Filme brauchen. Unser Netzwerk umfasst alle Partner, die es für eine erfolgreiche Filmfinanzierungen braucht. Und diese schätzen MMC als Produktionspartner mehr denn je.

Wie kamen Sie eigentlich auf die Idee, MMC zum Lead-Filmproduzenten zu machen?  Hatte da jemand einen Geistesblitz oder war das eine Genese? 
Jens Wolf: Dass wir vom reinen Aufnahmestudiovermieter und Film- beziehungsweise TV-Show-Produktionsdienstleister zum vollwertigen Filmstudio im klassischen amerikanischen Sinne werden, ist das Ergebnis strategischer Überlegungen des gesamten Managements – insbesondere unseres Filmchefs Bastie Griese. Für uns alle sind Lead-Filmproduktionen die logische Konsequenz aus der bisherigen MMC-Historie.

Und Ihr Gesellschafter Novum Capital trägt die neue Filmstrategie voll mit?
Jens Wolf: Absolut. Novum Capital ist seit 2019 Mehrheitsgesellschafter von MMC, hat Hacik Kölcü und mir die Geschäftsleitung übertragen, vertraut dem gesamten Management, unterstützt uns mit Rat und Tat – und hinterfragt uns natürlich auch.

Und? Nervt’s?
Jens Wolf: (Lacht) Kann schon mal passieren. Aber im Ernst: Natürlich bringt uns das voran! Wir wollen dem Gesellschafter beweisen, dass unsere Visionen realistisch und unsere Strategien gewinnbringend sind. Und dass unsere Entscheidungen das Unternehmen besser machen.

Hatte Novum Capital von Anfang darauf vertraut, dass Sie mit den Lead-Produktionen den Unternehmenswert steigern?
Jens Wolf: Novum Capital ist ein Private-Equity-Unternehmen, also per se erstmal skeptisch. Wir sind mit unseren Plandetails natürlich nicht immer gleich bei Novum durch die Türe gekommen, hatten aber positive Diskussionen. Der finale Plan hatte etliche Iterationen. Die intensive Arbeit aller Beteiligten daran hat sich gelohnt.

Lassen Sie uns auch noch auf den Markt schauen: Es gibt ja reichlich Filmproduzenten und Filme. Gibt der Markt dennoch genug Potenzial für MMC her?
Jens Wolf: Die Marktbedingungen waren nie besser für unseren Start als Lead-Produzent. Der Hauptgrund dafür ist, dass wir einen echten Nachfrageboom nach internationalem Content erleben. Dieser Boom ist zurzeit der Wachstumstreiber für das gesamte MMC-Geschäft – und wird es noch eine ganze Weile bleiben. Das hat viel mit neuen Content-Konsum-Technologien und neuen Marktteilnehmern zu tun. Denken wir nur an Streaming-Anbieter wie Netflix, Amazon Prime und Disney, aber auch an neue Themen wie E-Sports.

Bastie Griese: Nur mal zwei Zahlenbeispiele: Die Ausgaben von Netflix für Content-Produktionen sind zwischen 2013 und 2020 von 2,4 Milliarden US-Dollar auf mehr als 17 Milliarden gestiegen. Also um mehr als 600 Prozent! Auch in Deutschland boomt Streaming: Rund zwölf Millionen Menschen hierzulande sind bereits Video-on-Demand-Abonnenten. Und es werden immer mehr. Deshalb wird lokaler Content immer wichtiger.

„Lange haben Amazon und Netflix nur Filme und Serien produziert. Jetzt steigen sie auch mit großen Budgets ins Show-Geschäft ein. Shows und Filme sind ein Milliardenmarkt, der MMC noch viel Potenzial bietet.“

 

Auch Show-Content?
Jens Wolf: Unbedingt. Lange haben Amazon und Netflix nur Filme und Serien produziert. Jetzt steigen sie auch mit großen Budgets ins Show-Geschäft ein. Shows und Filme sind ein Milliardenmarkt, der MMC noch viel Potenzial bietet. Und wieder zu den Lead-Produktionen: Unsere damit zusammenhängenden Vorteile beschränken sich ja nicht auf das große, in den üblichen Unternehmenskennzahlen sichtbare Erlöspotenzial.

Sondern?
Bastie Griese: Wir werden dadurch auch effizienter, weil wir als unabhängiger Studiobetreiber mit eigenen Produktionen zum Beispiel unsere Studioauslastung optimieren können. Und wenn unsere Studios ausgebucht sind, können wir als Lead-Produzent sagen: Dann drehen wir jetzt eben anderswo. Wir können das entscheiden. Studioengpässe können unser Geschäft nicht mehr bremsen. Und die Gesamtauslastung steigt weiter.

Jens Wolf: Wichtig ist, dass dies nur für den Bereich der Filmproduktion gilt. Die Show-Content-Produktionen bleiben die Hoheit der MMC-Kunden, unserer Partner und der TV-Sender.

Herr Griese, als Filmchef bekommen Sie durch die Lead-Produktionen mehr Arbeit. Gefällt Ihnen das?
Bastie Griese: (Augenzwinkernd) Ich bin seit 20 Jahren bei MMC – und ausgelastet war ich immer. Jetzt geht es vor allem um die Art und die Qualität der Arbeit. Wir sind nun auch führend gestalterisch tätig und haben wesentlich mehr Verantwortung als bisher. Beides motiviert das gesamte Film-Team wahnsinnig.

Wann holen Sie mal einen Oscar?
Bastie Griese: Einen Oscar gab es schon für einen Film, der in den MMC-Studios gedreht wurde. Er ging im Jahr 2009 an Kate Winslet für die beste weibliche Hauptrolle in „Der Vorleser“. Der Film wurde sogar für vier weitere Oscars nominiert. Mal schauen, ob uns das mal mit einer Lead-Produktion gelingt. Im Vordergrund steht der wirtschaftliche Erfolg. Noch eine kleine Anekdote am Rande: Die männliche, jugendliche Hauptrolle bei „Der Vorleser“ hatte damals der deutsche Jungschauspieler David Kross. Sie war sein internationaler Durchbruch. In „Der Pfau“ spielt er nun ebenfalls eine Hauptrolle. Er ist damit sozusagen zu MMC zurückgekehrt.

Nochmal zu den Oscars: MMC muss keine Filmfestival- und Acadamy-Preise gewinnen, um als Lead-Filmproduzent zu reüssieren?
Bastie Griese: Um kommerziell erfolgreich zu sein, ist das nicht nötig. Wichtig ist, dass wir tolle Filme machen, die ihr Publikum finden.

Dass MMC dieses Jahr wieder ein starkes Umsatz- und Gewinnwachstum erreicht, haben Sie vorhin schon erwähnt. Wie geht es in den kommenden Jahren weiter?

Jens Wolf: Wir wachsen in allen Geschäftsfeldern weiter, also mit Showproduktionen, Filmproduktionen und Außenübertragungen. Mit unserem One-Stop-Shop-Modell für alle Arten von Medienproduktion halten wir für die kommenden Jahre ein Umsatzpotenzial von 100 Millionen Euro für realistisch.

Vielen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Mario Müller-Dofel.

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