„Das Unkonventionelle bei Novum Capital ist etwas Besonderes im deutschen Markt.“
10. November 2022 | 7 Min. Lesezeit
Dr. Dietmar Bauer ist promovierter Chemiker, Managementberater, Beteiligungsexperte und Operating Partner beim Frankfurter Private-Equity-Unternehmen Novum Capital. Im Interview erzählt er, was „Operating Partner“ zu sein für ihn bedeutet, wie es zur Partnerschaft mit Novum Capital kam und welche Kompetenzen und Erfahrungen er dafür einbringt.
Novum Capital: Herr Dr. Bauer, Sie sind seit über 20 Jahren im Beteiligungsgeschäft. Wann wird Ihnen langweilig?
Dietmar Bauer: Im Leben nicht! Ich habe mit verschiedenen Private-Equity-Fonds zu tun, dazu mit anderen Unternehmen aus verschiedensten Branchen – und folglich auch mit Menschen, die völlig unterschiedlich ticken. Wie könnte das fad werden?
Zum Beispiel, weil Sie als Investor und Private-Equity-Berater selten irgendwo von Anfang an etwas aufbauen oder zu Ende bringen.
Das machen viele operativ tätige Manager auch nicht. Sie kommen in bestehende Strukturen und Prozesse hinein und entwickeln sie idealerweise weiter. Irgendwann übernehmen das andere et cetera. Ich begleite manche Unternehmen und deren Inhaber schon etliche Jahre und trage mit meinem branchen- und unternehmensübergreifenden Wissen über Geschäftsmodelle und Wertschöpfungsketten dazu bei, dass sie wettbewerbsfähig bleiben. Das klappt sehr gut.
Wie ergänzen Sie Private-Equity-Anbieter wie Novum Capital konkret?
Private-Equity-Fonds-Manager können meist sehr gut die Zahlenwerke von Unternehmen erfassen – und darauf basierend deren Zukunftschancen beurteilen. Sie können auch Unternehmensziele sehr gut in Zahlen abbilden. Doch hinter den Zahlen steckt das unternehmerische Leben mit all seinen sachlichen und emotionalen Facetten, das operative Tagesgeschäft, der gesamte Umsetzungsapparat. Wenn es darum geht, darf ich mich ab und zu einbringen – so auch als Operating Partner von Novum Capital.
Operating Partner zu sein bedeutet für Sie?
Ich verstehe darunter vor allem, dass ich für Novum Capital ein vertrauenswürdiger Austauschpartner bin, das Team beim Deal Sourcing berate und den Kontakt zu Unternehmen herstelle, die privates Kapital und/oder einen neuen Eigentümer suchen. Zudem unterstütze ich das Novum Capital-Team mitunter bei Deal-Vorarbeiten und bei Neubesetzungen von Managementpositionen in neu erworbenen oder bestehenden Portfoliounternehmen. Es ist auch schon vorgekommen, dass ich als vergleichsweise kleiner Co-Investor in ein von Novum Capital übernommenes Unternehmen eingestiegen bin. Dann geht der Arbeitsaufwand nochmal deutlich über das Level hinaus, das ich als Berater und „Übersetzer“ erreiche.
Übersetzer?
Die braucht’s häufig! Denn die Sprache, die Sichtweisen und die Prioritäten mittelständischer Unternehmer unterscheiden sich oft stark von denen der Private-Equity-Firmen.
„Die unterschiedlichen Herangehensweisen führen – im wahrsten Sinne des Wortes – immer wieder zu Differenzen und müssen für die jeweils andere Seite ‚übersetzt‘ werden.“
Wo zum Beispiel?
Zum Beispiel kommt es vor, dass Eigentümer, die ihr Unternehmen verkaufen möchten, davon ausgehen, dass ihr Verkaufspreis mindestens dem bilanziellen Eigenkapitalwert der Firma entsprechen muss. Also vermeintlich dem Wert, den sie in der Vergangenheit aufgebaut haben. Dagegen errechnen Private-Equity-Fonds ihren maximalen Kaufpreis vor allem auf Basis zukunftsbezogener Kennzahlen. Die unterschiedlichen Herangehensweisen führen – im wahrsten Sinne des Wortes – immer wieder zu Differenzen und müssen für die jeweils andere Seite „übersetzt“ werden, um zu einem gemeinsamen Verständnis über den Unternehmenswert zu kommen.
Warum arbeiten Sie mit Novum Capital zusammen? Es gibt ja viele Private-Equity-Unternehmen.
Ich arbeite mit mehreren Private-Equity-Fonds zusammen. An Novum Capital schätze ich vor allem, dass das Team immer professionell und manchmal zugleich unkonventionell arbeitet. Letzteres ist etwas Besonderes und im deutschen Markt nicht so leicht zu finden.
Was ist „unkonventionell“ für Sie?
Ich beginne mal mit dem Gegenteil: Konventionell ist, wenn Private-Equity-Fonds in ein Unternehmen investieren, von dem sie vorher umfassende und transparente Finanzreportings gesehen haben. Wenn konventionelle Fonds die nach herkömmlichen Standards nötige Informationstiefe nicht erreichen – was bei kleinen und mittelständischen Unternehmen immer wieder passieren kann – lassen sie lieber die Finger vom Deal. Sie schauen da oft nicht mal genauer hin. Denn sie befürchten, Risiken zu übersehen.
Und Novum Capital nicht?
Doch, doch, durchaus. Aber dieses Team denkt öfter: Ist der potenzielle Portfoliokandidat vielleicht gerade wegen seiner Intransparenz interessant? Die Novum Capital-Partner wollen eben auch Chancen nicht übersehen und sind deshalb mutig. Das finde ich gut, so ticke ich auch.
Sie haben als Operating Partner von Novum Capital unter anderem zu einer Akquisition beigetragen, die Novum Capital nach drei Jahren wieder veräußert hat – an einen strategischen Investor. Was genau haben Sie hier beigetragen?
Ich hatte den Verkäufer, einen mittelständischen Unternehmer aus der Lebensmittelbranche, schon jahrelang immer wieder beraten. Daraus entstand ein Vertrauensverhältnis. Eines Tages bat er mich, ihn auch beim Verkauf seiner Firma zu unterstützen, damit er in den Ruhestand gehen kann. Grob skizziert habe ich ihn mit Novum Capital zusammengebracht, die Managerauswahl für die neue Geschäftsführung begleitet, Novum Capital und dem Unternehmer im Transaktionsprozess mit Rat und Tat zur Seite gestanden und die neue Geschäftsführung als Vorsitzender des Beirats im operativen Geschäft unterstützt.
Was hat das Novum Capital-Team bei diesem Portfoliounternehmen bewirkt?
Hervorzuheben ist meiner Ansicht nach vor allem, dass Novum Capital ein höchst transparentes Finanzwesen miterschaffen hat. Vor der Übernahme wussten das Management und Novum Capital zum Beispiel nicht genau, welche Produktlinie wieviel Gewinn einbrachte. Bald nach der Übernahme aber schon. Zudem forcierten wir gemeinsam einen Philosophiewechsel beim Produkt-Pricing.
„Die vielen kleinen und großen Erfolge in relativ kurzer Zeit mündeten in einen Verkaufspreis, der zu Recht deutlich über dem Kaufpreis lag.“
Was haben Sie beim Pricing geändert?
Insbesondere haben wir die Kunden erstmals in der rund 60-jährigen Unternehmensgeschichte an den Preisschwankungen für Lebensmittelrohstoffe beteiligt. Seither kann das Unternehmen steigende Rohstoffkosten zumindest zum Teil an die Kunden weitergeben. Dadurch und infolge von Maßnahmen für eine höhere Produktionseffizienz stieg die Unternehmensprofitabilität nachhaltig. Die vielen kleinen und großen Erfolge in relativ kurzer Zeit mündeten in einen Verkaufspreis, der zu Recht deutlich über dem Kaufpreis lag.
Sie haben eine Affinität zur Lebensmittelindustrie. Woher kommt die?
Schon aus dem Studium. Ich habe in den 1980er Jahren an der Technischen Universität München Chemie studiert – und danach in dem Fach promoviert.
Mit welchem Dissertationsthema?
(Lacht.) Zwei-plus-Zwei-Cycloadditionen von Vinyliden-Eisen-Komplexen mit Alkinen.
Ähm … bleiben wir bei Ihrer Vita: So ein richtiger Chemiker, der etwas auf sich hält, geht doch in ein Konzernlabor und forscht erstmal ein paar Jahre, oder?
Ich hielt etwas auf mich, bin aber nicht ins Labor gegangen.
Sondern?
Nach der Promotion bin ich sofort ins operative Management mit Umsatz- und Mitarbeiterverantwortung gewechselt. Über einen Full-Time-MBA bin ich anschließend in einer Strategieberatung gelandet. Weiterhin habe ich für die Degussa-Gruppe einen neuen, weltweit aktiven Geschäftsbereich aufgebaut und geleitet. Da haben wir mit etwa 350 Mitarbeitern rund 100 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet. Und danach, im Jahr 2001, nutzte ich die Chance, mit einem ehemaligen Beraterkollegen einen Beteiligungsfonds zu initiieren.
Das war nicht die gemütlichste Zeit für Investments. Gerade war die Dotcom-Blase an den Börsen geplatzt und die Anschläge auf das New Yorker World Trade Center am 11. September 2001 erschütterten die Weltpolitik und die Wirtschaft.
Sagen wir so: Wir haben damals und in den Krisen, die folgten, viel dazugelernt – übrigens auch, dass es recht schnell normal weitergeht. Meiner Erfahrung nach sind Krisen für die Private-Equity-Branche immer relativ kurz.
Brauchten Private-Equity-Unternehmen vor 20 Jahren andere Fähigkeiten als heute, um erfolgreich zu sein?
Die wesentlichen Erfolgskriterien sind dieselben geblieben.
Welche sind das aus Ihrer Sicht?
Meine Top-Kriterien sind ein starker Deal Flow und eine Reihe von Soft Skills: ein kompetentes, engagiertes und kommunikationsstarkes Team, professionelle interne Prozesse, die schnelle Handlungsfähigkeit ermöglichen, dazu soziale Kompetenz für den Umgang mit allen Arten von Menschen, außerdem gute Zugänge zu Unternehmensinhabern und last, but not least Gespür für passende Übernahme- und Verkaufszeitpunkte sowie den richtigen Kaufpreis.
Die Kaufpreise für Unternehmen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Wie wird sich der Private-Equity-Markt im Mittelstand entwickeln?
Zunächst: Marktbeobachter schätzen die Zahl der Eigentümerwechsel bei mittelständischen Familienunternehmen in Deutschland auf rund 30 000 pro Jahr. Etwa die Hälfte der Wechsel findet innerhalb der Eigentümerfamilien statt. Die andere Hälfte sind Management-Buy-outs, häufig mit Private-Equity-Beteiligung, oder Verkäufe an bis dato nicht ins Unternehmen involvierte Parteien. Der Deal Flow sollte also hoch bleiben, die Übernahmepreise auch.
Sind die hohen Übernahmepreise ein Risiko für Private-Equity-Unternehmen?
Gute Private-Equity-Firmen werden ihre Perlen finden und für alle Stakeholder gewinnbringend polieren. Ich freue mich, dass ich als Operating Partner von Novum Capital dazu beitragen kann.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Mario Müller-Dofel.